True Thomas

 

Als Thomas am Ufer des Huntlie lag,
erspäht er zwischen Wachen und Traum,
auf weißem Zelter eine liebliche Maid,
naht sich ihm unterm Eildonbaum.

Ihr Kleid war aus Seide, grün wie das Gras,
ihr Umhang von Sammet fein,
in ihres Pferdes Mähnenhaar
klangen fünzig Silberglöckchen und neun.

Sie sprach: Tom, nimm Abschied von Sonne und Mond,
vom Wind über Wald und Feld;
verweilen sollst du bei mir ein ganzes Jahr,
vergessen die Menschenwelt.

Nun, Thomas, was du auch hörst oder siehst –
sage kein einziges Wort;
denn brichst du dein Schweigen im Elfenreich,
darfst du nie wieder fort.

 

 

True Thomas lay on Huntlie bank,
A ferliee he spied wi‘ his ee,
And there he saw a lady bright,
Come riding down by the Eildon Tree.

Her skirt was o‘ the grass-green silk,
Her mantle o‘ the velvet fyne,
At ilka tett of her horse’s mane
Hang fifty silver bells and nine.

Volksweise (Child ballad Nr. 37)

Scho sayd, Thomas take leue at sone and mone,
And als at lefe that grewes on tree;
This twelfemoneth sall thou with me gone,
And medill-erthe sall thou none see.

(Thornton Ms., 15. Jhdt.)

Now Thomas, ye maun hold your tongue
Whatever ye may hear or see,
For if you speak word in Elflyn land
Ye’ll neer get back to your ain countrie.

Volksweise (Child ballad Nr. 37)

 

Anmerkungen: „the Eildon Tree“ dürfte eine besonders mächtige Eiche gewesen sein, eine Landmarke in den Eildon Hills, Schottland. Besondere Bäume galten oft als Portal zwischen dieser und der Anderwelt. Wer mehr wissen möchte, klickt hier – allerdings ist die Seite in englischer Sprache.

 

zurück